Langbelichtete Astro-Bilder: Pro und Kontra


Wenn man die Astrophotografie mit einer CCD-Kamera beginnt, ist es am einfachsten, mehrere kurz belichtete Bilder (ca. 30 Sekunden) von einem Himmelsobjekt zu machen und diese dann mit einem Bildbearbeitungsprogramm zum endgültigen Bild zu addieren. Richtet man das Teleskop ordentlich nach Norden aus ("einnorden"), dann sind bei 2 Metern Brennweite durchaus Belichtungszeiten bis zu 2 Minuten möglich, bevor die Sterne als sichtbare Striche abgebildet werden. Bei kürzeren Brennweiten kann der Zeitwert entsprechend verlängert, bei längeren Brennweiten muss er allerdings verkürzt werden. Auch bei höchstauflösenden CCD-Kameras (kleine Pixelgrößen) muss die Belichtungszeit kürzer angesetzt werden. Wir haben mit einem Celestron C8 (Brennweite: 2 Meter) und einer Starlight MX 916 (Pixelgröße: 11.6 µm x 11.2 µm) sehr lange solche Bilder gemacht und haben uns auf eine Belichtungszeit von einer Minute eingestellt.

Als  wir im Sommer 2001 dann unser lang ersehntes C11 (Brennweite: 2.7 Meter) bekamen, mussten wir feststellen, dass "ordentliche" Bilder nur bis etwa 30 Sekunden Belichtungszeit möglich waren. Auch wenn man beim "Einnorden" sehr sorgfältig vorging, war dieser Wert nicht zu verbessern.

Daraufhin kam die Überlegung auf, eine automatische Nachführung des Teleskops durch die Erweiterung S.T.A.R.2000 zu realisieren. Diese kleine Zusatzelektronik von Starlight kann mit den meisten (aber nicht mit allen) Starlight CCD-Kameras eingesetzt werden und führt das Teleskop pixelgenau nach, während man (mit der gleichen Kamera) die eigentliche Astroaufnahme macht. Man gibt einen möglichst hellen Leitstern an und die Elektronik erstellt (zusammen mit der mitgelieferten Software) in kurzen Zeitabständen (ca. 1 bis 3 Sekunden) kleine CCD-Bilder vom Leitstern. Diese Bilder werden von der Software sehr genau (ca. 1/10 Pixel) ausgewertet und das Teleskop wird entsprechend der ermittelten Bewegungsungenauigkeiten nachgesteuert.

Das hört sich alles ganz gut an. Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Wir möchten hier die Vor- und Nachteile beider Vorgehensweisen beschreiben.

1. Kontra Langzeitbelichtung: Beginnen wir mit den Kosten. Es wurde eben schon erwähnt, dass entweder eine Zusatzelektronik (S.T.A.R.2000) oder im schlimmeren Fall eine zweite CCD-Kamera mit Off-Axis-Guider benötigt wird. Will man auf eine vollautomatische Nachführung verzichten, dann reicht natürlich der Off-Axis-Guider. In diesem Fall müssen die Nachführungsfehler des Teleskops allerdings von Hand ausgeglichen werden (was einiges an Fingerspitzengefühl erfordert). Es entstehen jedoch auf jeden Fall zusätzliche Kosten.

1. Pro Langzeitbelichtung: Es können jedoch mit langen Belichtungszeiten in der Astrophotografie auch Kosten vermieden werden. Wenn Sie bei kurzen Belichtungszeiten alle anfallenden Rohbilder auf der Festplatte des Rechners speichern wollen, dann sollten Sie sich schon einmal eine neue Festplatte zulegen. Am besten kaufen Sie auch einen CD-Brenner, damit Sie die Daten langfristig permanent auslagern können. Machen wir eine kurze Berechnung: Sie machen in einer Beobachtungsnacht Photos von fünf Himmelsobjekten. Belichtungszeit: 30 Minuten = 30 Kurzbilder zu je einer Minute. Ein CCD-Bild mit der MX 916 (HiRes-Modus) benötigt knapp 900 KByte auf der Festplatte. Diese Datei könnte man noch komprimieren, aber die Bearbeitung der Bilder wird dann wieder erschwert. 30 Bilder = ca. 30 MByte, Dunkelbild- und Flatbild-Bearbeitung: noch einmal 30 MByte. Aufsummierung der einzelnen Bilder: weitere 30 MByte. Endgültige Bearbeitung: 5 MByte. Wenn wir alle Zwischenschritte aufbewahren, dann benötigen wir für ein Schwarz/Weiß-Bild ca. 95 MByte Plattenkapazität. Macht zusammen ein halbes Gigabyte pro Nacht! Bei RGB-Farbbildern wird dreimal soviel Platz, bei LRGB-Farbbildern sogar viermal soviel Festplattenkapazität benötigt! Ggf. kann man alle Zwischenbilder (Dunkel- und Flat-Bild, Summierung) nach der Bearbeitung löschen. Trotzdem ist die erforderliche Speicherkapazität enorm. Bei Langzeitbelichtungen kommt man bei einer Belichtungszeit von 30 Minuten mit zwei Bildern aus. Speicherbedarf (Schwarz/Weiß): ca. 10 MByte, in der ganzen Nacht also ca. 50 MByte. Wenn alle überflüssigen Dateien gelöscht werden, benötigt man nur noch 3 MByte (bzw. 15 MByte). Das hört sich schon besser an.

2. Kontra Langzeitbelichtung: Wenn man sich für eine automatische Nachführung (wie z.B. S.T. A.R.2000) entschließt, sollte ein anderer Kostenfaktor nicht unerwähnt bleiben. Wenn Sie CCD-Aufnahmen machen, haben Sie bereits ein Notebook, auf dem die Kamerasoftware installiert ist. Diese Software läuft im Allgemeinen jedoch noch auf einem Uralt-Pentium-133MHz-Notebook, das man für "ein paar Euro" kaufen kann. Die automatische Nachführung sollte jedoch möglichst viele Bilder in kurzen Zeit auswerten, um eine genaue Nachführung ohne "Bildsprünge" zu gewährleisten. Dies erfordert jedoch schon ein leistungsfähigeres Notebook (bei S.T.A.R.2000: ca. 400 MHz ist empfehlenswert). Gut ist es auch, wenn sowohl die CCD-Kamera, als auch das Notebook einen USB-Anschluss (Universal Serial Bus) hat. Dadurch können die Übertragungszeiten der Bilder von der Kamera zum Notebook verkürzt werden. Solche Notebooks sind jedoch noch relativ neu und kosten dementsprechend, auch gebraucht, mehr Geld als ein einfaches Uralt-Notebook.

3. Kontra Langzeitbelichtung: Wie wir sehen können, ist bei der Langzeitbelichtung wesentlich mehr "Material" im Einsatz. Computer, Nachführung, spezielle Software, usw. Denken Sie auch daran, dass es nicht immer ganz einfach ist, alle diese Komponenten gleichzeitig ordentlich zum Einsatz zu bringen. Es ist einige Erfahrung nötig, um alle Geräte korrekt zusammen arbeiten zu lassen. Wenn Sie mit der CCD-Technik erst beginnen wollen, sollten Sie sich diese zusätzliche Last nicht sofort aufbürden.

2. Pro Langzeitbelichtung: Da man nur ein (oder wenige) Bilder für jedes Langzeit-Astro-Photo belichten muss, wird natürlich die Bearbeitung der Bilder bei Langzeitaufnahmen wesentlich vereinfacht. Die häufigen, bei Kurzzeitaufnahmen erforderlichen Bildadditionen sind z.B. nicht nötig. Dadurch werden natürlich kleine, aber unvermeidliche Rechenfehler umgangen. Die Bildqualität wird gesteigert. Bei nicht automatisch nachgeführten Teleskopen sind die vielen Einzelbilder häufig durch die Nachführungsfehler jeweils ein kleines bisschen verschoben. Diese Verschiebungen müssen bei der Bildaddition rechnerisch ausgeglichen werden. Dieser Rechenalgorithmus ist nicht ganz einfach und ebenfalls immer mit kleinen Fehlern behaftet. Außerdem müssen die Bilder in einer ganz bestimmten Reihenfolge addiert werden. Hier ein Beispiel für die korrekte Addition mit nur 8 Bildern:

                        Bild 1        Bild 2        Bild 3        Bild 4        Bild 5        Bild 6        Bild 7        Bild 8

1. Addition:        Bild 1+2                        Bild 3+4                        Bild 5+6                    Bild 7+8

2. Addition:                     Bild 1+2+3+4                                                   Bild 5+6+7+8

3. Addition:                                         Bild 1+2+3+4+5+6+7+8 (Endbild)

Treten bei diesen Additionen Fehler auf, ist es wahrscheinlich, dass diese bis in das Endbild noch deutlich verstärkt werden. Wird vollautomatisch nachgeführt. müssen die wenigen Einzelbilder auch nicht verschoben werden (s.o.), da sich die Position der Himmelsobjekte auf dem CCD-Chip während der gesamten Aufnahme nicht ändert. Dies ist auch ein großer Vorteil bei Farbaufnahmen nach den RGB- oder LRGB-Verfahren. Die korrekte Überlagerung der drei (oder vier) Bilder in den Grundfarben wird wesentlich vereinfacht.

3. Pro Langzeitbelichtung: Zwei Entscheidungskriterien für eine Langzeitbelichtung sollten auf jeden Fall beachtet werden. Bei Teleskopen mit großen Brennweiten (über 2 Meter) in Verbindung mit CCD-Chips mit geringer Pixelgröße (kleiner 10 µm ohne Binning) sollte man automatisch nachführen und somit lange belichten. Hier sind ohne Nachführung oft nur sehr kurze Belichtungszeiten (kleiner 30 Sekunden) möglich. Ansonsten bekommt man wieder die berühmten Strichbilder. Die möglichen Belichtungszeiten sind natürlich auch vom Seeing in der jeweiligen Beobachtungsnacht abhängig.

4. Pro Langzeitbelichtung: Ein lang belichtetes 30-Minuten-Bild ist schneller "im Kasten", als ein Bild, welches aus 30 einzelnen 1-Minuten-Bildern besteht. Wie das? Das Auslesen eines CCD-Bildes von der Kamera auf einem "normalen" Notebook dauert mit der MX 916 im HiRes-Modus und den Fast-Interface immerhin noch etwa 10 Sekunden. Dazu kommt das Abspeichern von 900 KByte Daten auf der Festplatte (ca. 1 Sekunde). Die erneute Initialisierung der Kamerasoftware für das nächste Bild dauert auch noch einmal eine weitere Sekunde. Also 12 Sekunden mal 29 Bilder (ein Bild muss man auch mit einer Langzeitbelichtung machen!) macht 348 Sekunden erhöhter Zeitaufwand - also etwa 6 Minuten. Allerdings wird dieser Vorteil bei Langzeitbelichtungen etwas ausgeglichen. Wenn man in einer Beobachtungsnacht nur 1-Minuten-Bilder macht, muss man bei einigermaßen konstanter Temperatur nur zwei bis drei Dunkelbilder aufnehmen, die dann für die Bildbearbeitung aller Bilder benutzt werden können. Bei Langzeitbelichtungen muss das jeweils zeitmäßig passende Dunkelbild erstellt werden. Aus diesem Grund machen wir bei Langzeitbelichtungen meist nur Bilder mit 15-minütiger Belichtungszeit. Nun kann man auch hier wie oben beschrieben verfahren.

4. Kontra Langzeitbelichtung: Ein Nachteil bei langen Bildbelichtungen sind jedoch die vielen Satelliten und Flugzeuge, die am Himmel herumschwirren. Bei kurzen Belichtungen geht höchstens ein Bild verloren (1 Minute), welches den unansehnlichen Strich quer durch das ganze Bild enthält. Dieses Bild löscht man und das Problem ist erledigt. Wenn man nur eine 30-Minuten-Aufnahme hat, dann fängt man wieder von vorne an. Wenn die Lichtspur am Rand des Bildes entlang geht, kann man evtl. das Bild verkleinern oder den Bereich mit einer geeigneten Software retuschieren.

5. Kontra Langzeitbelichtung: Kommen wir nun zum Verstärkerglühen der Sony-CCD-Chips. Dieser Kontrapunkt ist für Sie nur dann interessant, wenn Sie eine Kamera mit einem Sony-Chip einsetzen, z.B. eine Starlight-Kamera. Wird eine vollautomatische Nachführung mit S.T.A.R.2000 eingesetzt, entsteht in einer Bildecke eine helle Stelle im Bild. Dieser Bildfehler muss korrigiert werden, sonst sind die Astro-Bilder sehr unansehnlich (siehe: Verstärkerglühen bei der MX916). Bei Kurzzeitaufnahmen ohne Nachführung gibt es dieses Problem nicht, da der Verstärker dann während der Belichtung ausgeschaltet ist.

5. Pro Langzeitbelichtung: Auf der anderen Seite erzeugt jedes CCD-Chip ein Menge Rauschen beim Auslesen des Bildes in das Notebook. Dieses Ausleserauschen wird natürlich durch das Dunkelbild wieder abgezogen. Diese mathematische Operation führt jedoch bei dem geringeren Signal/Rausch-Verhältnis im Kurzzeitbild zu größeren Bildfehlern, als bei länger belichteten Bildern.

6. Kontra Langzeitbelichtung: Auch dieser Kontrapunkt ist für Sie nur dann interessant, wenn Sie eine Kamera mit einem Sony-Chip einsetzen, z.B. eine Starlight-Kamera. Da die Kamera bei vollautomatischer Nachführung mit S.T.A.R.2000 im Prinzip zwei Bilder zu gleicher Zeit aufnehmen muss, sinkt die Empfindlichkeit der Kamera auf die Hälfte. Es muss nun also doppelt so lange belichtet werden.

7. Kontra Langzeitbelichtung: Bei langen Belichtungszeiten bekommt man es mit den unvermeidlichen und unansehnlichen "Hot-Pixeln" der Kamera zu tun. Diese Pixel müssen aus dem Endbild entfernt werden. Dies kann man normalerweise mit dem Bildbearbeitungsprogramm durchführen. Bei den kurz belichteten Bildern tritt der Hot-Pixel-Effekt nicht auf, da ja wie oben erwähnt, jedes Einzelbild immer etwas verschoben ist, während die Hot-Pixel an der gleichen Stelle auf dem CCD-Chip bleiben. Werden die Einzelbilder nun addiert, wird die Verschiebung ausgeglichen und die bei einer Minute Belichtungszeit kaum sichtbaren Hot-Pixel werden nicht alle auf den gleichen Bildpunkt addiert und sind somit nicht sichtbar.

6. Pro Langzeitbelichtung: Einen Effekt möchten wir noch erwähnen, der auftritt, wenn man mit einer vollautomatischen Nachführung arbeitet. Da die Nachführung meistens eingeschaltet ist und das Teleskop exakt führt, treten die oben bereits mehrfach erwähnten Verschiebungen durch den Nachführfehler nicht auf. Dies bedeutet ganz nebenbei, dass ein einmal kalibrierter Vixen SkySensor während der gesamten Beobachtungsnacht nicht mehr nachjustiert ("Align") werden muss (dies gilt wahrscheinlich auch für andere Steuergeräte).

Zusammenfassung: Wie sie sehen, ist die ganze Diskussion einigermaßen unentschieden ausgegangen. D.h., jeder muss für sich selbst entscheiden, wie wichtig für ihn die einzelnen Pro- und Kontrapunkte sind. Einem Anfänger im Bereich der CCD-Photografie würden wir jedoch empfehlen, zunächst einmal mit kurzen Belichtungszeiten zu beginnen, bevor er sich mit den Tücken der langen Belichtungszeiten auseinandersetzt.

 

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