Berechnung der Belichtungszeit bei Farbfiltern und CCD-Kameras


Die genaue Bestimmung der Belichtungszeiten für die drei Einzelbilder (Rot, Grün, Blau oder Cyan, Magenta, Gelb) bei der Aufnahme von CCD-Farbbildern ist leider nicht ganz einfach.

Zunächst werden folgende Daten benötigt:

Ausserdem ist ein Tabellenkalkulationsprogramm (wie z.B. Microsoft Excel) sehr hilfreich. Die oben erwähnten Daten findet man oft im Internet auf den Seiten des jeweiligen Herstellers. Im folgenden möchte ich die Berechnung der Belichtungszeiten für die CCD-Kamera "Starlight MX 916" und die RGB-Filter von Tokai vorführen.

Zunächst möchte ich die benötigten Daten für die Filter und die Kamera auflisten (Tabelle 1):

Wellenlänge Tokai Rot Tokai Grün Tokai Blau MX 916
in Nanometer T in % T in % T in % E in %
       
300 0.013 0.01 0.01 0.00
310 0.021 0.01 0.01 0.60
320 0.021 0.01 0.01 1.70
330 0.021 0.01 0.01 3.90
340 0.021 0.01 0.01 6.90
350 0.021 0.01 0.01 11.00
360 0.021 0.01 0.01 15.10
370 0.021 0.01 0.01 20.40
380 0.021 0.01 0.01 26.70
390 0.021 0.01 2.80 34.70
400 0.021 0.01 84.30 44.80
410 0.021 0.01 91.30 52.80
420 0.021 0.01 92.20 61.60
430 0.021 0.01 92.20 71.70
440 0.021 0.01 93.90 82.40
450 0.021 0.01 94.70 89.60
460 0.021 0.50 94.70 93.40
470 0.021 2.16 94.80 95.70
480 0.021 9.70 92.50 97.60
490 0.021 29.80 87.30 98.70
500 0.021 46.00 61.20 99.50
510 0.021 66.50 37.80 100.00
520 0.021 79.26 16.70 99.90
530 0.021 95.90 3.30 99.60
540 0.021 95.22 0.70 98.80
550 1.946 96.90 0.10 97.80
560 13.24 94.90 0.10 96.20
570 35.02 84.90 0.10 94.50
580 55.77 59.20 0.10 91.80
590 76.77 41.30 0.10 88.20
600 89.55 25.72 0.10 81.80
610 95.68 10.40 0.10 76.80
620 97.38 3.70 0.10 72.10
630 96.34 1.40 0.10 67.20
640 97.31 0.70 0.10 63.10
650 96.95 0.30 0.10 59.50
660 93.88 0.30 0.10 55.50
670 59.22 0.20 0.10 52.60
680 20.57 0.20 0.10 48.80
690 4.9 0.20 0.10 46.20
700 1.8 0.20 0.10 43.20
710 0.8 0.01 0.10 40.10

Tabelle 1: Die Filter- und die Kameradaten (Tokai-RGB-Filter, MX 916); T = Transmission; E = Empfindlichkeit

Mit Hilfe des Tabellenkalkulationsprogramms kann man diese Daten nun grafisch darstellen und sich einen schönen Überblick über die Lage der einzelnen Farbbereiche machen. Ausserdem kann man die Steilheit der Transmissionskurven der Filter begutachten (Bild 1).

Bild 1: Die grafische Darstellung der Filter- und Kameradaten

In Bild 1 erkennt man, dass die Filterkurven sehr steile Kanten haben. Man sieht jedoch auch, dass sich die blaue und die grüne Kurve etwas überlagern. Das gleiche gilt für die grüne und die rote Filterkurve. Dies führt oft zu Problemen bei Farbaufnahmen von Emmisionsnebeln (siehe: Das Problem mit dem Farben).

Wieviel Licht geht nun durch die einzelnen Filter hindurch? Diese "Lichtmenge" kann man relativ leicht berechnen, indem man das Integral jeder Filterkurve berechnet. In unserem Fall ist die Berechnung der Integrale sehr einfach, weil die Datenpunkte in Tabelle 1 alle den gleichen Abstand auf der Wellenlängenskala haben (nämlich 10 Nanometer). In diesem Fall kann man die relative durchtretende Lichtmenge berechnen, indem man einfach alle Transmissionswerte aus der Tabelle für die einzelnen Filter addiert. Diese Methode ist jedoch nur dann ausreichend genau, wenn die Messpunkte in den Kurven einen relativ geringen Abstand haben (also wie hier: 10 nanometer). Diese Summierung ist mit dem Tabellenkalkulationsprogramm kein Problem. Das Ergebnis ist in Tabelle 2 dargestellt.

Integral Normiert
   
Rot 937.64 0.900
Grün 845.73 0.811
Blau 1042.19 1.000

Tabelle 2: Die Integrale (Summen) der reinen Filterkurven

Zusätzlich habe ich in der rechten Spalte "Normiert" die auf 1.0 bezogenden Integrale ausgegeben. D.h., der größte Integralwert bekommt das Ergebnis "1.0" zugeordnet und die anderen Werte werden im Verhältnis dazu berechnet.

Je größer nun der Integralwert eines Filters ist, desto mehr Licht passiert ihn. Das bedeutet, dass für Filter mit großem Integralwert die Belichtungszeit für das Bild mit diesem Filter kürzer sein muss. Genau genommen ist Belichtungszeit umgekehrt proportional zum Integralwert (Tabelle 3).

Integral Normiert Belichtung
     
Rot 937.64 0.900 1.11
Grün 845.73 0.811 1.23
Blau 1042.19 1.000 1.00

Tabelle 3: Die relativen Belichtungszeiten

Das bedeutet, wenn man ein Farbbild macht und eine Belichtungszeit von 100 sek für den Blauanteil benötigt wird, dann muss man beim Grünbild 123 sek und beim Rotbild 111 sek belichten, um eine gleichmäßige Farbverteilung aller drei Grundfarben zu bekommen.

Nun könnte man meinen, das war's - man ist fertig und kann endlich mit dem fotografieren beginnen. 

HALT!  STOP!  Wir müssen leider noch etwas weiter rechnen.

Wie man in Bild 1 sehr schön sehen kann, ist die CCD-Kamera MX 916 (wie auch jede andere CCD-Kamera) im roten und blauen Bereich nicht so empfindlich wie im grünen Bereich. Das bedeutet, dass die oben durchgeführte Berechnung etwas komplizierter wird, da wir den Empfindlichkeitsverlauf der Kamera berücksichtigen müssen. Hierzu multipliziert man nun die Transmissionswerte des Filters mit den Kameraempfindlichkeitswerten bei der jeweiligen Wellenlänge. Die neue Tabelle sieht dann folgendermaßen aus (Tabelle 4):

Wellenlänge Tokai Rot Tokai Grün Tokai Blau MX916 Produkt Produkt Produkt
in Nanometer T in % T in % T in % E in % Rot*MX Grün*MX Blau*MX
             
300 0.013 0.01 0.01

0.00

0.00 0.00 0.00
310 0.021 0.01 0.01 0.60 0.01 0.01 0.01
320 0.021 0.01 0.01 1.70 0.04 0.02 0.02
330 0.021 0.01 0.01 3.90 0.08 0.04 0.04
340 0.021 0.01 0.01 6.90 0.14 0.07 0.07
350 0.021 0.01 0.01 11.00 0.23 0.11 0.11
360 0.021 0.01 0.01 15.10 0.32 0.15 0.15
370 0.021 0.01 0.01 20.40 0.43 0.20 0.20
380 0.021 0.01 0.01 26.70 0.56 0.27 0.27
390 0.021 0.01 2.80 34.70 0.73 0.35 97.16
400 0.021 0.01 84.30 44.80 0.94 0.45 3776.64
410 0.021 0.01 91.30 52.80 1.11 0.53 4820.64
420 0.021 0.01 92.20 61.60 1.29 0.62 5679.52
430 0.021 0.01 92.20 71.70 1.51 0.72 6610.74
440 0.021 0.01 93.90 82.40 1.73 0.82 7737.36
450 0.021 0.01 94.70 89.60 1.88 0.90 8485.12
460 0.021 0.50 94.70 93.40 1.96 46.70 8844.98
470 0.021 2.16 94.80 95.70 2.01 206.71 9072.36
480 0.021 9.70 92.50 97.60 2.05 946.72 9028.00
490 0.021 29.80 87.30 98.70 2.07 2941.26 8616.51
500 0.021 46.00 61.20 99.50 2.09 4577.00 6089.40
510 0.021 66.50 37.80 100.00 2.10 6650.00 3780.00
520 0.021 79.26 16.70 99.90 2.10 7918.07 1668.33
530 0.021 95.90 3.30 99.60 2.09 9551.64 328.68
540 0.021 95.22 0.70 98.80 2.07 9407.74 69.16
550 1.946 96.90 0.10 97.80 190.32 9476.82 9.78
560 13.24 94.90 0.10 96.20 1273.69 9129.38 9.62
570 35.02 84.90 0.10 94.50 3309.39 8023.05 9.45
580 55.77 59.20 0.10 91.80 5119.69 5434.56 9.18
590 76.77 41.30 0.10 88.20 6771.11 3642.66 8.82
600 89.55 25.72 0.10 81.80 7325.19 2103.90 8.18
610 95.68 10.40 0.10 76.80 7348.22 798.72 7.68
620 97.38 3.70 0.10 72.10 7021.10 266.77 7.21
630 96.34 1.40 0.10 67.20 6474.05 94.08 6.72
640 97.31 0.70 0.10 63.10 6140.26 44.17 6.31
650 96.95 0.30 0.10 59.50 5768.53 17.85 5.95
660 93.88 0.30 0.10 55.50 5210.34 16.65 5.55
670 59.22 0.20 0.10 52.60 3114.97 10.52 5.26
680 20.57 0.20 0.10 48.80 1003.82 9.76 4.88
690 4.9 0.20 0.10 46.20 226.38 9.24 4.62
700 1.8 0.20 0.10 43.20 77.76 8.64 4.32
710 0.8 0.01 0.10 40.10 32.08 0.40 4.01

Tabelle 4: Die Multiplikation von Filtertransmission und Kameraempfindlichkeit

So, nun müssen wir nur noch die Summen über die drei neuen Spalten (in der Tabelle 4 die drei rechten Spalten) berechnen. Das Ergebnis sieht folgendermaßen aus (Tabelle 5):

Integral Normiert Belichtung
     
Rot 66436.44 0.783 1.28
Grün 81338.25 0.959 1.04
Blau 84823.00 1.000 1.00

Tabelle 5: Die Integrale (Summen) aus dem Produkt von Transmission und Empfindlichkeit

Wiederum habe ich die Integrale in der mittleren Spalte normiert. In der rechten Spalte von Tabelle 5 stehen nun die Zahlen, die uns am meisten interessieren. Die relativen Belichtungszeiten für unsere Tokai-Filter mit der CCD-Kamera MX 916. Wenn wir nun ein Bild mit einer Belichtungszeit von 300 sek im Blaubereich aufnehmen wollen, so muß das Rotbild mit 394 sek und das Grünbild mit 312 sek belichtet werden. 

Die Einzelbilder für eine Farbaufnahme von M 27 sind in Bild 2 (rot), 3 (grün) und 4 (blau) zu sehen. Bild 5 zeigt ein 1 : 1 : 1-Komposit, d.h., jedes Farbbild geht mit der gleichen Intensität ein. Bild 6 zeigt das Komposit aus den reinen Filterdaten (1.11 : 1.23 : 1.00, siehe Tabelle 3). Bild 7 schliesslich zeigt das Bild mit den berechneten Werten aus Tabelle 5 (1.28 : 1.04 : 1.00). Die Unterschiede in den resultierenden Farbbildern sind deutlich erkennbar!

Bild 2: Rotanteil  Bild 3: Grünanteil
Bild 4: Blauanteil
Bild 5: M 27-Komposit, Verhältnis 1 : 1 : 1 Bild 6: M 27-Komposit, Verhältnis nur aus Filterkurven
Bild 7: M 27-Komposit, Verhältnis aus Filterkurven und Kameraempfindlichkeit

Wenn man so verfährt, hat man allerdings ein Problem: Man muß dann eigentlich auch drei Dunkelbilder mit den oben genannten Zeiten erstellen. Ich gehe daher bei meinen Aufnahmen so vor, dass ich alle drei Einzelbilder mit 300 sek belichte. Beim Zusammenfügen des Farbkomposits hebe ich jedoch die Intensität des Rotanteils im Bild auf 128% und die des Grünanteils auf 104% an (Blau bleibt unverändert). Dies kann ich mit meinem Bildbearbeitungsprogramm bei der Erstellung des Kompositbildes direkt mit angeben. Hierbei muß man jedoch bedenken, dass der Anteil des Rauschens im Einzelbild ebenfalls entsprechend der Intensitätsanhebung ebenfalls verstärkt wird.

WICHTIG: Ich möchte hier darauf hinweisen, dass die gleichen Filter, aber mit einer anderen CCD-Kamera, zu anderen Belichtungswerten führen! Die ermittelten Werte gelten also immer für das Duett: Filter mit Kamera!

So, und nun viel Spass beim rechnen!

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