Erster Versuch: Farben-Helligkeits-Diagramm


Irgendwann sieht man irgendwo das erste Farben-Helligkeits-Diagramm. Irgendwann hat man das Teil dann auch einigermaßen verstanden. Und dann will man vielleicht solch ein Diagramm einmal selbst erstellen. Zum Beispiel von einem offenen Haufen oder von einem Kugelsternhaufen. Also müssen erst einmal die Filter her. In diesem Fall benutzen wir die UBVRI-Filter von Gerd Neumann.

Das reizvolle daran ist eigentlich, dass mehrere Verarbeitungsschritte bis zum Ziel erforderlich sind. Und eines ist uns allen klar: "Von Hand" kann man diese Auswertungen nicht machen - da würde man wohl mehrere Monate daran sitzen. Das bedeutet: Irgendwie muss uns Kollege "Computer" bei der ganzen Angelegenheit helfen.

Hier ist der "Arbeitsablauf":

1. Bilder (kurzbelichtet) vom Kugelsternhaufen aufnehmen, B-Filter und V-Filter (aus dem UBVRI-Filtersatz)

2. Bilder bearbeiten (Dunkelbild, Flat-Bild) und mitteln

3. Ergebnis: 2 Bilder, im V- und im B-Band

4. Astrometrische Analyse für jedes Bild durchführen

5. Photometrische Analyse für jedes Bild durchführen, Ergebnisse werden in Dateien geschrieben

6. Umformatierung der Photometrie-Dateien zur besseren Weiterverarbeitung

7. Zuordnung der B- und V-Helligkeiten über die Koordinaten der Sterne, Berechnung von B-V, Abspeichern in Datei

8. Darstellung der Daten als Farben-Helligkeits-Diagramm

In diesem Szenario kommt eine Menge Software zum Einsatz: CCDSoft 5 (Schritt 1, 2 und 3), AIP4WIN 1.4 (Schritt 4 und 5), selbstprogrammierte Software (Schritt 6 und 7) und Microsoft Excel (Schritt 8).

Wichtig ist hierbei, dass in den drei Anfangsschritten (Bildbearbeitung) nur "lineare" Operationen ausgeführt werden (also solche, die die Helligkeitsunterschiede der Sterne nicht verändern), damit der Photometrie-Schritt korrekt funktioniert.

Einschränkungen bei diesem ersten Versuch:

1. Es wurde mit den "rohen" Photometrieergebnissen gearbeitet, d.h., die Helligkeiten sind nicht an die Transmission der einzelnen Filter angepasst. Diese Eichung muss noch durchgeführt werden.

2. Es wird nicht mit den absoluten Helligkeiten gearbeitet. Somit können unterschiedlichen Kugelhaufen nicht miteinander verglichen werden.

3. Die Extinktion der Atmosphäre wurde nicht berücksichtigt, da die Kugelhaufen nicht direkt miteinander verglichen werden können.

Folgende Kugelsternhaufen wurden fotografiert:

M 13, Herkules
M 92, Herkules
NGC 5466, Bootes

Hier nun erstmal die normalen "visuellen" Bilder der drei Objekte:


Bild 1: M 13


Bild 2: M 92


Bild 3: NGC 5466

Alle Bilder wurden mit einer SBIG ST-2000XM mit 1x1-Binning (1600 x 1200 Pixel) aufgenommen. Als Telekop kam ein Celestron C11 zum Einsatz. Die Brennweite wurde auf 1790 mm reduziert. Es wurden kurz belichtete Einzelbilder erstellt, die nach der Bildreduktion (Dunkelbild, Flat-Bild) gemittelt wurden. Die Gesamtbelichtungszeiten für die Bilder (visuell, B- und V-Filter) betrug jeweils 20 min. Wie man an den Bilder 1 - 3 deutlich sehen kann, liegen die Sternkonzentrationen der drei Haufen in sehr unterschiedlichen Bereichen. Das bedeutet natürlich, dass der Kern von M 92, in dem die Sterne sehr konzentriert vorkommen, wesentlich schwieriger auszuwerten ist.

Die astrometrische und die photometrische Analyse wurde mit AIP4WIN Version 1.4 durchgeführt. Wir gehen hierbei von der Annahme aus, dass alle Sterne auf dem Photo zum Kugelsternhaufen gehören. Diese Annahme ist natürlich nur angenähert richtig aber für den ersten Versuch vollkommen ausreichend. In Zukunft soll nur ein kugelförmiger Teil des Bildes ausgewertet werden. Zusätzlich kann man weitere Einschränkungen über die Helligkeiten machen. Die Ergebnisse der Analysen werden in Text-Dateien geschrieben. Diese Text-Dateien müssen zur weiteren Verarbeitung umformatiert werden. Danach findet der Prozess der "Datenangleichung" statt. Im B- und im V-Bild werden wahrscheinlich unterschiedliche Anzahlen von Sternen zu sehen sein. Mittels einer selbst programmierten Software kann man nun die Helligkeitswerte der zusammengehörigen Eintragungen der B- und V-Text-Datei zusammenführen und so die gewünschten B-V-Werte berechnen. Hierzu werden in den Dateien Koordinatenpaare gesucht, die eine möglichst geringe Abweichung voneinander haben. Die ermittelten B-V-Werte werden wiederum in eine Text-Datei geschrieben. Diese Datei kann man nun mit Microsoft Excel auswerten und die Ergebnisse als Diagramm darstellen.

Hier nun die Ergebnisse:

In den Farben-Helligkeits-Diagrammen von M 13 und M 92 kann man den Zweig der roten Riesen sehr gut sehen. Ebenfalls gut erkennbar ist die RR-Lyrae-Lücke. Von der Hauptsequenz sind keine Sterne zu sehen. Hier reicht die benutzte Belichtungszeit noch nicht aus. Am schwierigsten ist das Diagramm von NGC 5466 zu interpretieren. Es liegt die Vermutung nahe, dass hier viele Sterne, die nicht zum Haufen gehören, mit erfasst wurden. Der Zweig der roten Riesen ist in der Mitte zu erkennen. Die Verteilung darunter ist aber etwas sonderbar. Hier wollen wir auf jeden Fall neue Bilder erstellen und die Auswertung noch einmal wiederholen.

In den kommenden Beobachtungsnächten sollen zunächst einmal die UBVRI-Filter kalibriert werden. Über das Entfernungsmodul sollen die absoluten Helligkeiten ermittelt werden. Außerdem soll die Extinktion der Atmosphäre berücksichtigt werden, so dass dann auch die einzelnen Farben-Hellikeits-Diagramme verglichen werden können. Schließlich wollen wir die Bilder noch länger belichten, um den unteren Teil des Farben-Helligkeits-Diagramms (Hauptsequenz) zu erfassen.   

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